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In der Preiskrise: Soziale Gerechtigkeit ist Aufgabe der gesamten Landesregierung Brandenburg!

Pressemeldung

Zum zweiten Brandenburger Sozialgipfel am 8. Juni fordern Verbände sichtbare Beiträge von allen Landesministerien.

Wegen der in vielen Lebensbereichen stark gestiegenen Preise lud die Branden­burger Staatskanzlei zusammen mit dem Sozialministerium am 21. November 2022 zum ersten Gipfel unter dem Motto „Solidarisch kommen wir durch diese Krise.“ Dazu formulierten teilnehmende Organisationen klare Erwartungen in #15 Forderungen. Jetzt ziehen sie eine kritische Zwischenbilanz für den Folgegipfel, der für den 8. Juni angekündigt ist: Nur rund die Hälfte der Forderungen ist auf den Weg gebracht, viele der geforderten Ansätze werden dagegen von der Landes­regierung noch gar nicht verfolgt.

Dazu stellt die SoVD-Landesvorsitzende Ursula Engelen-Kefer fest: „Als SoVD bedauern wir, dass es im Land Brandenburg kein ausreichendes Programm für die Abwendung von Kündigungen und Energiesperren wegen Nichtzahlung erhöhter Energiekosten gibt. Wir halten dies für dringend erforderlich, um die durch die hohen Kosten­steigerungen für Lebenshaltung und Wohnung gebeutelten Bürger:innen zu entlasten. Dies kann nicht nur den Kommunen überlassen werden, sondern ist auch Verantwortung der Landesregierung. Ebenfalls müssen geeignete Vorkehrungen vonseiten des Landes getroffen werden, um die Umsetzung der Wohngeldreform des Bundes in den Wohngeld­ämtern im Land Brandenburg zu beschleunigen. Bearbeitungszeiten von durchschnittlich vier Monaten und in Einzelfällen bis zu zehn Monaten sind den Bürger:innen nicht zuzumuten. Als SoVD bieten wir unsere Hilfe bei der Einreichung der Wohngeld­anträge an. Zudem fordern wir nach der Einführung des bundesweiten 49-Euro-Deutschlandtickets die Ergänzung durch ein 9-Euro-Sozialticket, wie bereits in Berlin seit Anfang 2023. Dies muss für den gesamten Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg gelten.“

Erste Landesmaßnahmen auf dem Weg

In Brandenburg begrüßen AWO, Familienverbände, Frauenpolitischer Rat, Gewerkschaften, Landesjugendring, Seniorenrat, die Sozialverbände SoVD sowie VdK, Tafeln sowie die Verbraucherzentrale, dass das Land mit seinem Brandenburg-Paket zusätzliche Maßnahmen initiiert. So werden die diversen Hilfen und Entlastungen des Bundes vor Ort passend gemacht und sinnvoll ergänzt. Beispiele für solche Maßnahmen sind etwa aus dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz: die neuen Soforthilfen zugunsten von Tafeln sowie für die Sozialinfrastruktur, Hilfen gegen Energie­sperren, zusätzliche Mittel für die Beratung von Mieter:innen sowie von Familien oder bei Verbraucherinsolvenz. 

Wirkung vielfach noch offen     

Inwiefern die einzelnen Landeselemente tatsächlich bei den Menschen ankommen, hängt nach Meinung der Bündnispartner auch davon ab, wie verbreitet und einfach gestaltet sie sind. So ist beispielsweise das neue Wohngeld kaum bekannt, die Beantragung scheint kompliziert oder die Bewilligung in den Kommunen dauert viel zu lange. Andere versprochene Unterstützungen, beispielsweise für die landesweiten Jugendbildungsstätten, sind vom Bildungsministerium noch immer nicht auf den Weg gebracht.

Wenig konkrete Landesmaßnahmen außerhalb des Sozialministeriums

Einige Brandenburger Ministerien erhalten bei der Auswertung des Forderungskataloges rote Laternen für ihr soziales Engagement. Und das, obwohl gerade die aktuelle Krise eine gemeinsame Kraftanstrengung erfordert. So scheint etwa das Landeskartellamt weiterhin keinen Einfluss auf Preishöhen zu nehmen und Gewinnmitnahmen von Energiegrundversorgern oder Fernwärmeanbietern zulasten von Verbraucher:innen zu verhindern. Wiederum stehen beim Infrastrukturministerium kaum preisdämpfende Maßnahmen auf der Agenda: Weder ist im hiesigen ÖPNV die Einführung eines 9-Euro-Tickets für Empfänger:innen von Transfergeld vorgesehen, noch sind Sozialverbände beim Brandenburger Bündnis für Wohnen eingeplant. Zudem bieten Land und Kommunen auch selbst Leistungen an, vermieten etwa Wohnraum für Studierende oder durch eigene Wohnungsgesellschaften. Aber dabei sind weder Mieten- noch Kündigungsmoratorien landesweit auf den Weg gebracht. Und auch beim eigenen Energieverbrauch sollte das Land mit gutem Beispiel vorangehen, Energie sparen und mit privaten Haushalten nicht um begrenzte Ressourcen konkurrieren. Allerdings kann die Landesregierung nach eigenen Angaben nur eingeschränkt beantworten, ob und wie viel Energie sie in ihren Liegenschaften und Fuhrparks im vergangenen Jahr konkret eingespart hat.  

Mangelnde Unterstützung auf der Einkommensseite

Die aktuelle Preiskrise trifft nicht nur Menschen mit keinem oder besonders niedrigem Arbeitseinkommen, sondern auch die sogenannte Mittelschicht. Hier aber greifen klassische Sozialmaßnahmen nur bedingt. Deshalb fordern die Bündnispartner, dass das Land Brandenburg öffentliche Aufträge nur an tariftreue Betriebe vergibt.     

Kein Ende der Preiskrise

Die Preiskrise ist trotz in einigen Bereichen aktuell gesunkener oder auf hohem Niveau verharrender Preise längst nicht vorbei. So wirken die Preise an der Supermarktkasse immer noch schwer. Oder beispielsweise erhalten Mieter:innen in den nächsten Monaten ihre Betriebskostenabrechnung für das Vorjahr und befürchten etwa für Wärme/Warmwasser teils erhebliche Nachzahlungen. Und auch zum kommenden Winter 2023/24 besteht erneut die Gefahr von Preis­sprüngen oder gar einer Gasmangellage, auch weil die Gasnachfrage weltweit wieder anzieht.

Weitere Maßnahmen nötig

In diesem Sinne fordern die Bündnispartner einen weiteren Folgegipfel spätestens zum Herbst 2023. Zudem kündigen die Vereine und Verbände an, die weitere Wirkung der Sozialmaßnahmen und gerade die Umsetzung in anderen Landesministerien weiterhin kritisch zu verfolgen. So motivieren sie unisono Ministerpräsident Woidke, „darauf zu achten, dass Sozialpolitik substanziell in allen Verantwortungsbereichen stattfindet.“

Vorab-Bewertung des zweiten Brandenburger Sozialgipfels am 8. Juni 2023