Im Anschluss an die Demonstration fand eine Kundgebung vor dem Roten Rathaus statt. Auf der bereitgestellten Bühne führten der Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin e.V. , Dominik Peter, der Geschäftsführer des Sozialverbands VdK Berlin-Brandenburg e.V., Stephan Klauert sowie die SoVD-Landesvorsitzende Ursula Engelen-Kefer, ausführliche Gespräche mit der Berliner Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe zu den aktuellen Forderungen der Behindertenpolitik.
„Wir fordern Barrierefreiheit ohne Ausnahme: dies gilt insbesondere für den öffentlich geförderten Wohnungsbau, öffentliche Gebäude und den Nahverkehr sowie private Anbieter von Dienstleistungen. Darunter fallen etwa Arztpraxen, Restaurants und Geschäfte“, sagt Dominik Peter.
Ursula Engelen-Kefer ergänzte die Forderung und führte auf, das es nach wie vor immer noch zu viele Ausnahmen für S- und U-Bahn, Straßenbahn und Busse gibt. Barrierefreie öffentliche Verkehrsmittel sind aber eine wichtige Voraussetzung für die Mobilität von Menschen mit Behinderungen, für ältere Menschen und auch zum Beispiel für junge Leute mit Kinderwagen.
In ihrem Ländergutachten haben die Vereinten Nationen (UN) gerade festgestellt, dass die sogenannten „Sonderwelten“ für Menschen mit Behinderungen in Deutschland besonders ausgeprägt sind und einem inklusiven Leben entgegenstehen. Es werden inklusive Schulen für alle Kinder mit genügend Lehrpersonal, Sozialpädagogen und sonstigen Assistenzkräften gefordert. Auch ein inklusiver Arbeitsmarkt von der Ausbildung bis zur Aufnahme und Weiterentwicklung in qualifikationsgerechter Beschäftigung ist dringend notwendig.
Auch die schon längst überfällige Reform der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen gehört dazu. Von der Politik und Wirtschaft muß der Übergang in den ersten Arbeitsmarkt gefördert werden. Es ist nicht hinzunehmen, wenn für Menschen mit Behinderungen unterschiedslos der einfachste Weg gegangen wird und sie in eine Ausbildung oder Arbeit in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen gedrängt werden.
Oft hört man von jungen Menschen, die nur kraft ihrer eigenen Hartnäckigkeit und nur mit Hilfe ihrer Eltern in der Lage waren, ihre Bildung und Ausbildung außerhalb der Werkstätten aufzunehmen und einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bekommen.
Wenn auf Grund einer Schwerbehinderung keine andere Chance besteht, sind geeignete Schutzräume in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten, allerdings immer mit dem Ziel der Überführung in den ersten Arbeitsmarkt und damit in ein selbstbestimmtes Leben.
Eine Hauptforderung der diesjährigen Demonstration auf dem Protesttag ist der Gewaltschutz für Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen sowie für ihre Kinder. Sie erleben sogar zwei- bis dreimal häufiger Gewalt als Frauen ohne Beeinträchtigung. Das muss aufhören! Es gibt zu wenig Schutzplätze für Frauen und nur ein ganz kleiner Teil ist barrierefrei. Die Bundesregierung und die Landesregierungen müssen mehr Geld für Frauenhäuser, Schutzplätze und Beratungsstellen ausgeben.
„Trotz der aktuellen Sparpläne des Berliner Senats dürfen die Rechte von Menschen mit Behinderungen und ihre gleichberechtigte Teilhabe nicht aufs Spiel gesetzt werden. Menschenrechte sind nicht verhandelbar, auch nicht in finanziell schwierigen Zeiten“, erklärt Stephan Klauert, Geschäftsführer des Sozialverbands VdK Berlin-Brandenburg e.V.
Am Ende des beindruckenden Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung bedankte sich Ursula Engelen-Kefer bei allen Teilnehmer*innen für ihr Kommen, aber insbesondere bei Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe, für ihre Bereitschaft, sich die Forderungen der behinderten Menschen anzuhören und in den Berliner Senat mitzunehmen.
Denn es gibt immer noch eine nicht erfüllte Botschaft: Inklusion in allen Lebensbereichen ist längst überfällig!
Finanziell unterstützt wurde die Aktion auch in diesem Jahr von der Aktion Mensch